Zeitgleich zum Weltwirtschaftsforum trifft sich Ende Januar unweit von Davos in Genf der geschäftsführende Vorstand der Weltgesundheitsorganisation. Erschütternde Nachrichten über erneute Ebola-Fälle aus dem Kongo sollten vermuten lassen, dass es sich bei diesem Vorstandstreffen hauptsächlich um die effektive Bekämpfung dieser schrecklichen Seuche drehen wird.
Hilfsmitarbeiter haben teilweise ihre Arbeit im Kongo ruhen lassen müssen, da es Gewalt und Übergriffe auf sie gab. Gleichzeitig wurden Regionalwahlen in zwei Provinzen verschoben, was mit der anhaltenden Ebola Epidemie begründet wurde, aber von vielen Menschen als politisches Manöver gegen die Opposition wahrgenommen wurde. Dies sorgte für zusätzliche Unruhen und macht die Arbeit von internationalen Hilfskräften noch schwerer. In solchen Situationen ist auf die geballte Kraft der Weltgesundheitsorganisation und deren UN Mandat zu hoffen.
Doch der 2017 gewählte und amtierende Generaldirektor, Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, hat zu häufig andere Prioritäten als die akute Bekämpfung von ansteckenden Viren. Der ehemalige äthiopische Außenminister zeigt offen seine ideologisch motivierten Vorstösse im Kampf gegen nichtübertragbare Krankheiten (englisch: non communicable disease oder NCD), wie zum Beispiel Videospielsucht. Erst letzten Sommer machte die WHO Schlagzeilen mit der Anerkennung von Videospielsucht (gaming disorder) als Krankheit.
Während Videospiele hoffentlich nicht die Agenda des nächsten Vorstandstreffens füllen werden, besteht die Gefahr, dass deutlich mehr über nationale Gesundheitspolitik gesprochen wird als die internationale Bekämpfung globaler Seuchen. So stehen große Teile der Agenda im Lichte der sogenannten Access to Medicines Roadmap, die sich zwar zum Ziel setzt den Zugang zu Medikamenten weltweit zu verbessern, aber hauptsächlich Regierungen vorschlägt private Gesundheitsunternehmen zu enteignen und deren geistiges Eigentum ohne oder zu deutlich geringeren Lizenzgebühren zu verwenden. So spricht sich die WHO für verpflichtende Lizenzen an lokale Generikaproduzenten aus, die es erlauben die bestehenden Patente von forschenden Pharmafirmen zu ignorieren.
Während die WHO also der forschenden Privatwirtschaft den Kampf erklärt, verschweigt sie die eigentlichen Probleme, mit denen Patienten in Entwicklungs- und Schwellenländern ringen.
Misswirtschaft und Korruption sorgen in diesen Ländern oft für eine schlechte oder sogar desolate Verteilung von bereits knappen Finanzmitteln im Gesundheitssektor. Anstelle Krankenhäuser zu modernisieren und die einfachsten aber notwendigen Materialien und Medikamente vorrätig zu haben, verschwinden sowohl Steuergelder als auch internationale Hilfszahlungen in den Koffern von korrupten Politikern und Mitarbeitern.
Aufgrund fehlender Rahmenbedingungen und mangelnder Infrastruktur kommen oft gespendete Medikamente und Impfstoffe erst gar nicht bei Patienten an. Von einem führenden Pharmamanager habe ich einmal gehört, dass seine Branche volle Warenhäuser mit AIDS-Medikamenten in mehreren afrikanischen Ländern hätte, diese aber leider nicht an die Patienten liefern könne. Gründe dafür liegen bei mangelnden Kühlketten, schlechten Straßen, aber auch korrupter Strassenpolizei und Übergriffen auf Ärzte.
Dies sind einige Punkte auf die sich die WHO konzentrieren könnte, falls sie wirklich effektiv das Patientenwohl steigern wolle. Zwei weitere, noch schneller wirksame, Maßnahmen wäre die einseitige Abschaffung von Mehrwertsteuern und Einfuhrzölle auf Medikamente. Besonders Schwellenländer wie China, Brasilien und Russland erheben oft hohe Zölle auf innovative Medikamente. So geht der Ökonom Matthias Bauer beispielsweise davon aus, dass chinesische Patienten über 5,5 Milliarden Euro durch die Abschaffung von Zöllen auf importierte Arznei sparen könnten. In Indien und Brasilien würde Freihandel die Medikamentenpreise fast halbieren.
Die oft finanzstarken Pharmaunternehmen könnten wichtig Partner in der Erschließung von benötigter Infrastruktur in diesen Ländern werden. Daher sollte die Weltgesundheitsorganisation solche Firmen nicht als Buhmann für Versäumnisse staatlicher Akteure ausmachen, sondern eher die wirklichen Gründe für schlechte Gesundheitssysteme und mangelnde Versorgung ausmachen: Korruption, Bürokratie und Protektionismus.
Während der Abbau von Korruption sicherlich ein langer Prozess ist, lassen sich Zölle einseitig und schnell abschaffen. Dies bedarf meist nur eines Erlasses des jeweiligen Landes. Ein schnelleres Zulassungsverfahren und ein einfacher Import von Medikamenten sind weitere Schritte die den Preis senken und Patienten einfacheren Zugang geben.